Erfahrungen als „Student-Athlete“ an der Iowa State University

Der Kugelstoßer Jan Jeuschede von der Troisdorfer LG studiert derzeit in den USA. Ein Sportstipendium ermöglicht ihm, dort Leistungssport und Studium zu verknüpfen. Der 19-jährige belegte letztes Jahr den zweiten Platz bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Mönchengladbach und war im Sommer Mitglied des DLV-Teams bei der U20-WM in Barcelona. Die 6-kg-Kugel stieß er im letzten Jahr auf 18,92 m und erreichte damit seine persönliche Bestleistung. Bei einem Hallen-Meeting in Ames (USA) hat er mit der Männer-Kugel eine neue Bestleistung von 17,46 m erzielt. Seine Erfahrungen als Student in den USA schildert er im folgenden Bericht:

Aufgrund der recht schlechten Verknüpfung zwischen Studium und Leistungssport an deutschen Universitäten, habe ich mich entschieden, nach dem Abitur an eine Amerikanische Universität zu gehen. Seit August 2012 studiere ich Biologie an der Iowa State University in Ames, Iowa. Durch meine sportlichen Leistungen habe ich ein volles Sportstipendium bekommen, welches mir ermöglicht, die Universitätskosten zu tragen und dort mein Studentenleben ohne Probleme und große Nebenkosten zu finanzieren.

Im Rahmen der NCAA (Amerikanische College Sport Organisation) trainiere ich dort und bestreite auch für die Iowa State University Wettkämpfe. Die Sportabteilung der amerikanischen Universitäten ist im Prinzip wie ein großer Sportverein organisiert. Student-Athletes von allen Universitäten starten auf Wettkämpfen für ihre Uni und repräsentieren diese. Weiterhin hat jede Uni auch Trainer für jede Sportart, die wie in einem Verein von der Universität eingestellt und auch von dieser bezahlt werden.

Ich persönlich finde, dass ich eine sehr gute Uni gefunden habe. Mein dortiger Trainer verfügt über genug Fachwissen, um mich sehr gut zu betreuen. Die Sportanlagen an der Iowa State University, aber auch an sehr vielen anderen großen Universitäten in den USA, sind nahezu perfekt. Wir haben dieses Jahr eine ganz neue Leichtathletikhalle sowie eine neues Leichtathletikstadion bekommen. Beide Anlagen sind wirklich sehr gut und beinhalten alles, was wir zum Training brauchen.
Darüber hinaus sind die Krafträume einfach unglaublich: Wir haben einen riesigen Kraftraum eine Etage über der Leichtathletikhalle sowie einen etwas kleineren, aber sehr gut eingerichteten Kraftraum direkt am Leichtathletikstadion. Beide Krafträume beinhalten mehrere Olympische Gewichtheber Plattformen, die es ermöglichen, Gewichte fallen zu lassen und dadurch Gewichtheben sehr gut durchzuführen. Außerdem verfügen beide Krafträume über mehrere Multifunktionskniebeugenständer, welche ebenfalls für den Bankdruck und andere Übungen umgebaut werden können. Zudem sind etliche Gummi- und Metallscheiben vorhanden sowie Kurzhanteln von 5kg bis zu 70kg. Etliche weitere Geräte sind in den dortigen Krafträumen ebenfalls vorhanden und können je nach Bedarf auch in das Training eingebaut werden. Von den Sportanlagen her werden mir dort also optimale Bedingungen geboten und es macht wirklich Spaß dort zu trainieren.

Die Trainingsbedingungen werden durch sehr effektive und ständig in unmittelbarer Nähe verfügbarer Physio-Einrichtungen und Physiotherapeuten gestützt. Zur Regeneration und zur Behandlung und Vorbeugung von Verletzungen ist das sehr hilfreich.

Ein weiterer sehr positiver Aspekt liegt in der guten Verknüpfung zwischen Studium und Sport. Die Trainingszeiten werden optimal an unseren Stundenplan angepasst, sodass immer genug Zeit für das Training bleibt. Außerdem gibt es spezielle Studienberater für Leistungssportler, die einem helfen, sein Studium optimal mit dem Training und den Wettkämpfen zu verbinden. Eine weitere Aufgabe dieser Berater ist es, sicherzustellen, dass die Leistungssportler an der Uni auch akademisch auf einem guten Weg sind und auch die Kurse gewählt werden, die zum Abschluss ihres Studiengangs benötigt werden.

Die Unterstützung, die ich hinsichtlich meines Sports und des Studiums erfahren habe, ist wirklich sehr gut und hilft mir sowohl meinen Sport als auch mein Studium optimal durchzuführen.

Zusätzlich zu der herausragenden Unterstützung sind auch die kurzen Wege zu erwähnen. Alle Sportanlagen sowie die Vorlesungssäle sind sehr nah beieinander (etwa 10 bis 15 Minuten Fußweg), wodurch lange Anfahrtszeiten nicht anfallen. Dieses Jahr wohne ich noch in einem Wohngebäude der Universität mit mehreren hundert Studenten, die in Zweibettzimmern untergebracht sind. Dieses Wohngebäude liegt auch auf dem Campus und ist circa drei Minuten zu Fuß von der Leichtathletikhalle und der Mensa entfernt. Meine Vorlesungssäle kann ich innerhalb von 10 Minuten zu Fuß erreichen. Aufgrund dieser kurzen Wege, kann ich meine Zeit optimal nutzen und sie ermöglichen mir umso mehr, mein Studium mit meinem Sport zu verbinden.

Abschließend möchte ich noch einen weiteren, sehr angenehmen Aspekt des Studiums an einer Amerikanischen Universität erwähnen. Die Amerikaner sind extrem sportbegeistert und Universitätssport hat einen sehr hohen Stellenwert in den USA. American Football und Basketball sind die zwei beliebtesten Sportarten und Universitätsspiele werden ständig im Fernsehen übertragen. Das Footballstadion der Iowa State University hat ein Fassungsvermögen von circa 55.000 Zuschauern und das Stadion ist bei fast allen Spielen nahezu ausverkauft. Das „Feeling“ in dem Stadion ist einfach unglaublich und die Begeisterung für den Sport überträgt sich auch auf alle anderen Sportarten. Zwar ist der Stellenwert von Leichtathletik überhaupt nicht mit dem von American Football oder Basketball zu vergleichen, aber als Sportler jeder Sportart erfährt man an amerikanischen Universitäten ein sehr hohes Ansehen. Der Leistungssport wird finanziell extrem stark unterstützt und deshalb ist es Universitäten möglich, solch hervorragende Sportanlagen zu beherbergen. Darüber hinaus sind auch die meisten Professoren sehr sportbegeistert und unterstützen die Sportler an ihrer Universität stark. Das trifft zwar nicht auf alle Professoren zu, aber zumindest ist das Verständnis der Professoren gewährleistet, wenn ein Leistungssportler wegen Wettkämpfen oder Ähnlichem in Vorlesungen nicht anwesend sein kann. Aufgrund der starken finanziellen Unterstützung des Sports an den Universitäten, bekommen Sportler auch Sportbekleidung, Schuhe und das zum Training notwendige Material gestellt. In meinem Fall habe ich zum Beispiel Gewichtheberschuhe, Laufschuhe, Wurfschuhe und mehrere Ausführungen von Trainings- und Wettkampfbekleidung bekommen.

Insgesamt muss ich sagen, dass ich wirklich sehr glücklich bin, die Entscheidung getroffen zu haben, in die USA zu gehen. Die Unterstützung, die ich als Leistungssportler erfahre, ist wirklich unglaublich schön und hilft mir, mich sportlich und akademisch weiter zu entwickeln. Durch die guten Trainings- und Studienbedingungen ist eine reibungslose und optimale Verknüpfung von Studium und Leistungssport gewährleistet.

Ich habe zwar erst ein Semester in den USA absolviert, aber ich kann jetzt schon sagen, dass es auf jeden Fall die richtige Entscheidung war. Es macht mir sehr viel Spaß, dort Leistungssport zu betreiben und zu studieren. Ich habe mich persönlich und sportlich bereits enorm weiterentwickelt und bin davon überzeugt, dass diese Entwicklung in den nächsten Jahren noch weiter fortschreitet. In meinem ersten Hallenwettkampf mit der Männerkugel (7,26kg) habe ich bereits 17,46m gestoßen und ich glaube, dass ich dieses Jahr noch um einiges weiter stoßen kann. Akademisch habe ich das erste Semester mit einem Notendurchschnitt von 4.0 (=1.0 im deutschen Notensystem) abgeschlossen, was dem bestmöglichen in den USA zu erreichenden Notendurchschnitt darstellt und einem A (1) in jedem Fach entspricht.

Ich persönlich kann den Weg in die USA jedem Leistungssportler empfehlen, der neben dem Sport auch noch studieren möchte. Die Förderung, die man als Student und Leistungssportler vom amerikanischen Universitätssystem erfährt, ist beeindruckend und bietet optimale Bedingungen zur persönlichen und sportlichen Weiterentwicklung.
Mein Sportstipendium geht insgesamt fünf Jahre, wobei ich nicht dazu verpflichtet bin, die ganze Zeit dort zu bleiben. Wenn nichts dazwischen kommt, würde ich aber gerne mein Studium dort abschließen. Danach hätte ich dann meinen Bachelor of Science in Biologie.